Evang-Luth. Kirche

St. Wenzeslauskirche in Wieseth


 





Geschichte der Pfarrei Wieseth


Der Ort Wieseth hat seinen Namen von den früher hier lebenden Wisenten. Die Gründung und der Ursprung des Ortes liegen weitgehend im Dunkeln. Die erste urkundliche Erwähnung findet Wieseth in dem Hinweis, dass Bischof Otto III von Eichstätt während seines Episkopates zwischen 1187 und 1195 hier eine Kirche weihte. Dabei handelte es sich sicherlich nicht um die erste Kirche, wohl aber um den ersten steinernen Bau einer Kirche. Dieser Bau war zugleich auch Fliehburg für die hier wohnende Bevölkerung. Diese Kirche hatte wohl den Charakter eines Turmes, die Reste dieser Kirche sind heute noch im Chorturm der Kirche zu finden.

Ursprünglich war Wieseth keine eigene Pfarrei, sondern nur eine Filiale der Mutterpfarrei Beyerberg. Erst um 1372 wurde Wieseth zur Pfarrei erhoben. Von 1476 an sind die Pfarrer bekannt. Das Patronat lag bei den Inhabern des Rittergutes Forndorf – zunächst die Reichsküchenmeister von Nordenberg, später die Herren von Seckendorf. Die Pfarrei wurde von Eichstätt aus besetzt.

Über die vorreformatorische Zeit sind kaum weitere Nachrichten vorhanden; die entsprechenden Urkunden sind verloren gegangen.

1559 wurde hier die Reformation durchgeführt. Inzwischen hatten die Markgrafen von Ansbach – Brandenburg hier das Sagen. Seit dieser Zeit wird in der Kirche evangelischer Gottesdienst gefeiert.

Die Pfarrei hat heute ca. 30 Außenorte, die zu fünf verschiedenen politischen Gemeinden gehören. 1700 Gemeindeglieder haben hier ihren gottesdienstlichen Mittelpunkt.

Gegenüber der Kirche liegt das 1797 erbaute Pfarrhaus, das mit seinem fränkischen Fachwerk zu den schönsten Gebäuden des Ortes zählt, daneben steht das 1985/86 erbaute Gemeindehaus, das den vielfältigen Angeboten der Gemeinde ausreichend Raum bietet. So ist um die Kirche ein Zentrum für das Dorf entstanden.




 


Kirche St. Wenzeslaus und Sebastian


Die Kirche hat im Laufe ihrer Geschichte schon häufig bauliche Veränderungen erfahren. Die ursprüngliche Chorturmkirche wurde durch ein Schiff erweitert. Im 18. Jahrhundert wurde eine Kirche im Markgrafenstil errichtet. Diese Kirche wurde im Frühjahr 1913 abgebrochen, weil sie zum Teil baufällig geworden war, zum anderen reichte der Platz nicht mehr aus. Von der alten Kirche ist lediglich noch der spätmittelalterliche Chorturm erhalten.

Der Kirchenpatron – für fränkische Orte ungewöhnlich – ist der Heilige Wenzeslaus. Dies weist auf eine frühe Siedlung der Wenden und Slaven. Wenzeslaus I war böhmischer Herzog, der im 10. Jahrhundert von seinem Bruder ermordet wurde, weil er sich zum Christentum bekehrt hatte.

1913/1914 wurde die Kirche im heutigen Stil errichtet. Betritt man die Kirche durch das Hauptportal, so überrascht die Größe und der Stil des Kirchenraumes, der zur Stille und Besinnung einlädt. Das Kirchenschiff bietet heute ca. 900 Menschen Platz. Das Schiff wird von einem Rabitzgewölbe überspannt, das von Stahlträgern im Dachstuhl getragen wird. Bemerkenswert ist, dass diese Kirche noch fast vollständig erhalten ist wie sie gebaut wurde. Sie ist eines der wenigen Zeugnisse der Kirchenarchitektur und des Zeitgefühls vor dem ersten Weltkrieg. Diese Periode der Kunstgeschichte wird erst in unseren Tagen als eigene Periode erkannt und gewürdigt.





Altar

Der Blick fällt im Chorraum auf die Kreuzigungsgruppe, die den ganzen Raum beherrscht. Die Kreuzigungsgruppe wurde 1914 nach Vorbildern des 15. Jahrhunderts erstellt. Der Altartisch wurde bei der letzten Innenrenovierung (2010) modernisiert.
Den Chorraum umrahmen die Gestalten von 13 Aposteln (12 plus Paulus), beachtenswert ist die Figur des Jakobus und die des Philippus. Letzterer trägt den Kopf des damaligen Pfarrers Georg Schönecker.
Im Chorbogen ist das Epitaph einer Pfarrfrau, dessen Inschrift gibt beredtes Zeugnis vom Umgang mit Tod und Leben.

Kanzel

Ursprünglicher Kanzelcorpus des Kanzelaltares der Vorgänger Kirche. Achteckiger Korpus mit gefederter Brüstung. In den Feldern sind die Reliefs von vier Kirchenvätern, sie stehen über den Symbolen der vier Evangelisten (Engel, Löwe, Stier, Adler). Zwischen den Kirchenvätern steht ein Christus, der mit seiner rechten Hand nach oben zum Prediger weist (Christusfigur wohl erst später hinzugefügt worden). Der Kanzelkorpus stammt wohl aus der Zeit um 1500, während der Schalldeckel mit seinen Konvoluten aus dem 18. Jhdt. stammt.

Taufstein

Dieser stammt aus dem 18. Jhdt., gefertigt aus Sandstein. Der Kronendeckel wurde wohl um 1700 angefertigt, die Statue des Priesters auf dem Deckel ist wohl wesentlich älter. Die Taufschale wurde 1914 vom damaligen Bürgermeister Ruck gestiftet.




 


Bemerkenswerte Details


Den Chorbogen umgibt ein Gemälde mit 42 Engeln. Die himmlischen Chöre loben Gott.

Im Kirchenschiff an den ersten Säulen sind Halbreliefs mit dem Hauptreformatoren Martin Luther und Philipp Melanchthon. Jener in der Pose des geistlichen Herrn, den Blick zum Chorraum gerichtet, während Melanchthon als Laie mit demütigen Blick nach unten in das Kirchenschiff blickt.

Der Bischof mit Kirchenmodell stellt wohl den Heiligen Wolfgang dar, durch die Umschrift wurde er zu Bischof Otto, der die erste Kirche hier weihte.

Das mächtige Kreuz am Nordpfeiler ist in seinem Corpusteil sehr alt und wird der Riemenschneider – Schule zugeschrieben.

Emporenbilder zeigen einen Jesusbilderzyklus: Verkündigung – Geburt – Anbetung der Könige – Darbringung im Tempel, Beschneidung Christi, Flucht nach Ägypten. Sie sind wohl um 1700 entstanden.

Glasfenster auf der Südempore:
Darstellungen zum Vaterunser, jeder Bitte des Vaterunsers werden biblische Geschichten zugeordnet. Über der Orgel steht neben dem Musiker König David, Johann Sebastian Bach. Die Fenster wurden von der Kunstglaserwerkstatt Gustav van Treeck in München angefertigt.
Über dem südlichen Emporenausgang ist ein Pelikan zu sehen, der nach christlicher Tradition ein Symbol für den Opfertod Christi darstellt.

Die Wappenschilder zeigen die Grundherrschaften über Wieseth durch die Jahrhunderte vom Bischof von Eichstätt bis zum Königreich Bayern. Interessant erscheint auch ein Nagelbild, das 1917 entstanden ist als Hilfsaktion für Kriegsversehrte.

Orgel (Steinmeyer Opus 1210,1914)
22 klingende Register, pneumatisches Werk, 1995 grundlegend renoviert und in seiner Substanz bewahrt. Das Gehäuse ist in seinem Mittelteil wesentlich älter.
(Pfr. Hermann Rummel, Wieseth 1996)